Philipp Reis ist eine tragische Gestalt der Wissenschaftsgeschichte. Mit der Erfindung des Telefons revolutionierte er die Kommunikation, doch eine wissenschaftliche Anerkennung blieb ihm zu Lebzeiten verwehrt.

Betrachtet man das Keyvisual von EDECY, so fällt schnell die prominente Platzierung eines bärtigen Herren im Vordergrund auf. Ein Schriftzug weist ihn als Philipp Reis und Entwickler der elektrischen Sprachübermittlung – des Telephons – aus. Haben Sie den Namen schon einmal gehört? – Wahrscheinlich nicht. Eventuell verbinden Sie sogar einen ganz anderen Namen mit der Erfindung des Telefons, nämlich den von Alexander Graham Bell. Warum also hat sich EDECY eine derart unbekannte Persönlichkeit als “Maskottchen” ausgesucht? Was ist im Leben von Philipp Reis schief gegangen, dass ihn heute, trotz seiner Erfindung, kaum noch jemand kennt? Und was war überhaupt so besonders an der Erfindung des Telefons?

Die Geschichte von Philipp Reis – eine Inspiration für EDECY

Mit der Entwicklung des Telefons gelang Philipp Reis eine Erfindung, die weltweit die Kommunikation und Informationsübertragung revolutionierte. Noch lange vor der Entwicklung des Internets ermöglichte die Telefonie eine nie da gewesene Übertragung von Informationen über große Distanzen. Die Erfindung der elektrischen Sprachübermittlung war so etwas wie ein Katalysator für weitere wissenschaftliche Neuerungen. Statt Briefe zu schreiben und lange auf eine Antwort zu warten, konnten ForscherInnen nun einfach zum Hörer greifen und sich mit gleichgesinnten Experten austauschen. Das Telefon eröffnete völlig neue Möglichkeit des Austausches, Wissenstransfers und der Kooperation! Im Hinblick auf diese Innovationen ist die Plackerei mit dem Kundenservice von Vodafone und der Telekom wohl zu verkraften und der Stress um 5G scheint gleich etwas erträglicher.

Doch wie die Geschichte von Philipp Reis zeigen wird, bedarf es mehr als erfinderischer Brillanz, um mit bedeutenden wissenschaftlichen Entwicklungen in die Geschichte einzugehen. Philipp Reis mangelte es sowohl an wissenschaftlicher Reputation als auch an wirtschaftlicher Vernetzung und so kam es, dass seine Erfindung weitgehend unbeachtet blieb bis sie zwei Jahre später den amerikanischen Erfinder Alexander Graham Bell zu seinen Forschungen am Telefon inspirierten und zu weltweiter wissenschaftlicher Bekanntheit verhalf – vom wirtschaftlichen Erfolg für Bell ganz zu Schweigen. So wie Reis’ Apparat Bell inspirierte, inspiriert seine Geschichte heutzutage das Team von EDECY. Denn auch wenn sich seit Philipp Reis die Forschungs- und Wirtschaftslandschaft verändert hat, mangelt es Wissenschaftlern häufig immer noch an den richtigen Kontakten für die konsequente Umsetzung Ihrer Ideen. Auf der anderen Seite fehlt es kleinen und mittelständischen Unternehmen an der passenden wissenschaftlichen Vernetzung, um von innovativer Forschung zu profitieren. Das also ist die Mission von EDECY: Durch unsere Forschungsplattform eine bessere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft zu erzielen und bedeutende Ergebnisse der Forschung effizient in Marktinnovationen zu verwandeln, die der gesamten Gesellschaft zu Gute kommen. Auf, dass exzellente Forscher von heute nicht das gleiche Schicksal wie Philipp Reis ereilt und ansässige Unternehmen sich nicht noch einmal eine derartige Innovation entgehen lassen!

Wer ist Philipp Reis?

Philipp Reis wurde 1834 in Gelnhausen, Teil des damaligen Kurfürstentums Hessen, geboren und besuchte nach dem Tod seiner Eltern bis zu seinem 14. Lebensjahr die Friedrichsdorfer Lehr- und Erziehungsanstalt Garnier. Dessen Leiter Louis Frederic Garnier blieb Reis ein Leben lang Freund und Förderer. Später zog es Reis aber in das Institut des deutschen Pädagogen Georg Hassel in Frankfurt am Main, wo er seine Faszination sowohl für die Sprachwissenschaften als auch für die Naturwissenschaften entwickelte. Eine vielversprechende Mischung, die er ab 1852 in seine Forschung an der Sprachübermittlung durch elektrischen Strom einfließen ließ.

Das Telephon

Inspiriert wurde er dabei von dem Nachbau einer Ohrmuschel, den er im Rahmen seiner späteren Tätigkeit als Lehrer für den Physik-Unterricht entwickelte. In seinem Modell fungierte ein Stück Naturdarm als Trommelfell und feine Platinstreifen ersetzten die Gehörknöchelchen. Trafen nun Teilchen auf das Trommelfell, wurde dieses in Schwingung versetzt und der Stromkreis zwischen Metallstreifen und Drahtfeder unterbrochen. Später entwickelte er diese Konstruktion weiter und ersetzte das Ohrmodell durch einen mit einer Membran bespannten Schalltrichter. Die Membran wurde dann mit einem Strom leitenden Kontakt aus Platin versehen. Fand nun an der Membran ein Schallwechseldruck statt, kam diese in Schwingung, was die Kontakte je nach Lauf der Schallwellen mehr oder weniger zusammendrückte. Hiermit war das Kontaktmikrofon erfunden. Anschließend wurden diese elektrischen Signale dann auf eine Kupferdrahtspule übertragen, die um eine Stricknadel gewickelt war. Kamen die Stromimpulse über die Spule bei der Stecknadel an, übersetzte sie die Impulse wieder in Schallwellen. Dies verlieh ihr auch den Beinamen „sprechende Stricknadel“.

Das Telephon: Von Kritikern auch als „musikalisches Spielzeug“ bezeichnet. Wie in der Zeichnung zu erkennen, setzt sich der Apparat aus zwei Teilen zusammen: Dem Telephon selbst (A) und dem Empfänger (C), die durch Kupferspule und Batterie (B) verbunden sind.

„Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“

Nachdem Reis seinen Apparat mehrfach weiterentwickelt hatte, führte er im kleinen Kreise einen Test der Übertragungsqualität durch. Dabei nahm er telefonisch Verbindung zu einem Freund auf, der ihm ein Buch vorlesen sollte und dessen Text Reis dann laut für das Publikum wiederholte. Ein Lehrer-Kollege war skeptisch und mutmaßte, Reis könne das Buch auswendig gelernt haben. Somit ging er selbst in den Raum und sprach die Sätze: „Die Sonne ist aus Kupfer“ und „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“. Auch wenn Reis dachte, die Sonne sei aus Zucker und nicht genau verstand, was das Pferd frisst – beziehungsweise nicht frisst – war der Freund überzeugt.

Damit stellte dieser allerdings eine Ausnahme dar, denn die meisten Menschen der damaligen Zeit verkannten die Bedeutung von Reis‘ Erfindung. So führte Reis den Prototypen 1861 vergeblich beim Physikalischen Verein Frankfurt unter dem Titel „Über die Fortpflanzung von Tönen auf beliebige Entfernung durch Vermittlung des galvanischen Stroms“ vor. Dieser nahm von der Vorführung ebenso wenig Notiz, wie von dem kurze Zeit später veröffentlichten Fachartikel. Lediglich der Kommunikationspraktiker Wilhelm von Legat erkannte das Potenzial und platzierte den Artikel in einer renommierten Zeitung. Doch auch dort stieß die Publikation ohne wissenschaftliche Reputation ihres Autors auf kaum positive Resonanz. Die Erklärung von Reis: „nur weil ich ein armer Lehrer bin.“ Es folgten weitere Vorführungen, unter anderem im Goethehaus von Kaiser Franz Josef von Österreich und der Residenz des russischen Zaren Alexander II. Außerdem unternahm Reis Versuche der Vermarktung seines Produkts und ließ es in größeren Mengen von Johann Valentin Albert produzieren. Doch auch hier blieb Reis ein wirtschaftlicher Nutzen seiner Erfindung versagt.

Eine tragische Geschichte

Schließlich, im Jahr 1864, erregte das Telephon bei einer hochrangig besetzten Naturforscherversammlung in Gießen die lang ersehnte Aufmerksamkeit und das Freie Deutsche Institut von Frankfurt wollte seinen Artikel veröffentlichen. Allerdings lehnte Reis in einer Mischung aus Trotz und Siegessicherheit ab: „Ich danke Ihnen recht sehr, Herr Professor; es ist zu spät. Jetzt will ich nicht ihn schicken. Mein Apparat wird ohne Beschreibung in den Annalen bekannt werden.“. Tatsächlich ging das Telephon einige Jahre später in die Annalen ein, allerdings nicht unter dem Namen des an Tuberkulose erkrankten Philipp Reis, sondern unter dem von Alexander Graham Bell.

Es bleibt zu konstatieren, dass Reis zwar mit großem Erfolg technische Grenzen durchbrach, an gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Hindernissen jedoch verzweifelte. Ohne wissenschaftliche Vernetzung und verlässliche Partner aus der Wirtschaft, gelang es Reis weder die nötigen Verbesserungen an seinem Apparat durchzuführen noch seine Erfindung wirtschaftlich nutzbar zu machen. Gleichzeitig entging vielen deutschen Unternehmen die Gelegenheit eine große Innovation in den Markt einzuführen. Im Curriculum vitae des Garniers Instituts beschreibt Philipp Reis sein Leben rückblickend als „Arbeit und Kummer“.