Die Forschungsplattform von EDECY im Gespräch mit Jan Ruhnke, Director und CAIO des Artificial Intelligence Center Hamburg (ARIC), über die Anwendungsmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Industrie und Logistik. Außerdem informieren wir über Fördermöglichkeiten und kostenlose Beratungsangebote.

Große Potenziale, aber mangelndes Know-How

Die Kooperation von Unternehmen und Forschungseinrichtungen hat in Deutschland aufgrund seiner mittelständisch geprägten Wirtschaftslandschaft eine herausragende Bedeutung. In besonderem Maße gilt das für die Bereiche der industriellen Produktion und Logistik. In einer Befragung von KI-Experten aus deutschen Forschungs- und Transferinstitutionen belegten beide Spitzenpositionen als die am vielversprechendsten KI-Anwendungsfelder. Besonders in der intelligenten Automatisierung von Produktionsprozessen und einer Optimierung des Ressourcenmanagements liegen demnach große Möglichkeiten.

Dennoch geht die Implementierung von Technologien der Künstlichen Intelligenz bislang schleppend voran. Zu einem großen Teil liegt das daran, dass mittelständischen Unternehmen häufig noch das Know-How und Fachpersonal fehlt, um sich einem komplexen Thema wie dem der KI im Alleingang anzunehmen. Vor diesem Hintergrund hat das ARIC die Forschungsgruppe KI in Industrie & Logistik ins Leben gerufen. Gemeinsam sollen Use Cases realisiert und Umsetzungshindernisse beseitigt werden.

Die praktische Anwendung von KI in der Industrie und Logistik

Bei der Künstlichen Intelligenz, so Jan Ruhnke, handelt es sich um „eine Geheimwaffe“, die erst dann aus dem Keller geholt wird, wenn alle anderen Mechanismen versagen. Wie genau sehen also die Herausforderungen aus, mit denen sich Unternehmen in Industrie & Logistik aktuell konfrontiert sehen? Jan Ruhnke hat ein anschauliches Beispiel:

„Stellen Sie sich vor, Sie kochen bei einer Familienfeier nicht zwei oder drei Gerichte, sondern 35 zur gleichen Zeit. Die Anzahl an Töpfen ist begrenzt, Sie haben nur einen Backofen und nichts darf kalt werden – verschiedene Zubereitungsschritte bedingen sich gegenseitig und müssen ideal aufeinander abgestimmt werden. Multipliziert man dieses Beispiel um den Faktor 1.000 kommt man der Herausforderung recht nahe, mit der sich die Planer von industriellen Produktions- und Logistikprozessen heutzutage konfrontiert sehen.

Unser Ziel ist es, Stand- und Wartezeiten in Lagern und Fabriken zu verringern und uns so einer Anlagenauslastung von 100% anzunähern. Aktuell sind da noch 20% drin.“

Zur Erreichung dieses Ziels setzt die Forschungsgruppe auf einen hybriden Ansatz, der symbolische KI und maschinelles Lernen miteinander kombiniert. Was bedeutet das?

„Sehr einfach ausgedrückt, handelt es sich bei einer symbolischen KI um ein System, das auf Grundlage eingegebener Regeln Zusammenhänge sucht. Wenn ich also beispielsweise physikalische Zusammenhänge simulieren möchte, bekommt das Modell somit unsere Naturgesetze eingelesen. Beim maschinellen Lernen gebe ich bestimmte Daten in das Netzwerk rein und es bilden sich beinahe automatisch Wahrscheinlichkeiten aus. In unserem hybriden Praxisansatz kombinieren wir beide Aspekte und geben dem System so viele Regeln wie möglich mit, greifen aber in einigen Bereichen, in denen das nicht möglich ist, auf die selbstlernenden Fähigkeiten der Algorithmen zurück.“

Dieses Vorgehen gewinnt besonders in Anbetracht des demografischen Wandels an Bedeutung, da vieles Wissen aktuell nur in den Köpfen von Menschen gespeichert ist, die kurz vor dem Ruhestand stehen. Durch geburtenschwächere Jahrgänge gibt es häufig nur sehr junge Lehrlinge und sehr erfahrene Mitarbeiter, die aber kurz vor der Rente stehen – dass in dieser kurzen Zeit das Wissen von Mensch zu Mensch übertragen werden kann, ist unwahrscheinlich. Deshalb versucht das ARIC im Rahmen seines Forschungsprojekts genau diese ‚Intuitionen‘ der langjährigen Fachkräfte mithilfe intelligenter Algorithmen zu erfassen und mit Regeln nachzubilden.

Das Projekt hat insgesamt einen finanziellen Hintergrund, Jan Ruhnke betont aber, dass wirtschaftliche Effizienz und nachhaltiger Ressourceneinsatz in diesem Fall zwei Seiten derselben Medaille sind. Das Projekt bringt dabei sowohl Großunternehmen des Flugzeug- und Maschinenbaus als auch kleine und mittelständischen Unternehmen in Kontakt mit Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Auch wenn sich die Kooperation bereits in einem frühen Stadium Ihrer Umsetzung befindet, sind Unternehmen weiterhin dazu angehalten, sich zu beteiligen und Kontakt aufzunehmen.

So weit sind Sie noch nicht? – diese KI-Angebote gibt es für KMU in Deutschland

Wenn Ihr Unternehmen sich noch am Anfang der Beschäftigung mit dem Thema KI befindet, gibt es sowohl vonseiten des ARIC als auch vonseiten der Bundesregierung eine ganze Reihe von Angeboten, die mittelständische Unternehmen unterstützen:

Fortbildungen des ARIC

Ergänzend zu seiner Rolle als Projektbegleiter bietet das ARIC kostenlose Fortbildung für Mitarbeiter und Führungskräfte zum Thema der Künstlichen Intelligenz an. Das Angebot an Workshops reicht dabei von Einstiegsvorträgen bis hin zu anspruchsvollen Schulungen, in denen Teilnehmer lernen, selbst KI-Systeme zu entwickeln. Mehr dazu im ersten Teil unseres Artikels und auf der Website des ARIC.

Beratung der Plattform Lernende Systeme

Auch die vom BMBF geförderte Plattform für Künstliche Intelligenz stellt kostenlose Online-Tutorials bereit, die Funktionsweisen, Methoden und Einsatzgebiete von Künstlicher Intelligenz zielgruppengerecht aufbereiten und erklären. Ergänzend dazu werden Beratungen angeboten, die Unternehmen durch Fallbeispiele und Leitfäden neue Geschäftsmodelle und Gestaltungsoptionen aufzeigen. Schließlich umfasst das Angebot Veranstaltungen, die sich unter anderem mit der Erfassung und Auswertung von Maschinendaten sowie der Einführung von maschinellem Lernen in den Fabrikbetrieb befassen.

Mittelstand-Digital KI-Kompetenzzentren

Auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie können Sie sich über Kompetenzzentren in Ihrer Region informieren und sich Ihren persönlichen Ansprechpartner anzeigen lassen. Diese sogenannten KI-Trainer klären mit Workshops, Unternehmensbesuchen und vielen weiteren Angeboten über Künstliche Intelligenz auf und setzen gemeinsam mit Ihnen konkrete Anwendungen um. Ein Fokus liegt auf der Anwendung intelligenter Assistenzsysteme, der industriellen Analyse (Smart Data-Analysis) sowie auf der Entwicklung intelligenter Produkte und Services.

Förderprogramm KI4KMU

Mit dem Förderprogramm KI4KMU baut die Bundesregierung seit 2020 Ihre bestehende Forschungs- und Entwicklungsstrategie der Künstlichen Intelligenz aus. Im Rahmen des Programms werden Verbunds- und Kooperationsprojekte zwischen KMU und der Wissenschaft gefördert und forciert. Ziel des Förderinstruments ist es, das Risiko bei der Implementierung von KI-Technologien für KMU zu senken und den Forschungstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft voranzutreiben.

Die Forschungsplattform von EDECY

Das Förderprogramm KI4KMU stellt besonders durch seinen Fokus auf die Vernetzung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen einen wertvollen Baustein auf Deutschlands Weg zum Vorreiter in den Bereichen KI und Industrie 4.0 dar. Das Programm bedarf allerdings einer Ergänzung, da es weder die Suche nach geeigneten Kooperationspartnern noch die organisatorische Durchführung der Kooperationsprojekte unterstützt, was für die Unternehmen viel Aufwand bedeutet. Die Forschungsplattform von EDECY nimmt Unternehmen diese Last durch einen klar definierten Prozess der Partnersuche und anschließenden Kooperationsdurchführung ab. Der digitale Plattformansatz wird dabei durch die persönliche Beratung erfahrener EDECY Mitarbeiter ergänzt.

In ihrer Gesamtheit stellen diese Maßnahmen ein stabiles Fundament dar, auf dem der Mittelstand made in Germany sein internationales Ansehen auch im digitalen Zeitalter erhalten kann. Worauf warten Sie also noch? Werden Sie jetzt Teil der Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft und steigern Sie mit ARIC und EDECY Ihre Innovationskraft!